Neustrukturierung der Wasser- und Schifffahrtsämter: SDN fordert kompetente, küstennahe Verwaltung
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) protestiert gegen Pläne des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Der Bund will die Aufgaben der in Kiel und Aurich angesiedelten Wasser- und Schifffahrtsdirektionen (WSD) Nord und Nordwest in eine neue Generaldirektion verlagern, die im küstenfernen Bonn gegründet werden soll.
»Es kann doch nicht sein, dass die wichtigsten Entscheidungen über die See- und Küstenschifffahrt schon bald nicht mehr am Ort des Verkehrs im Norden Deutschlands getroffen werden sollen, sondern im Binnenland«, schüttelt der SDN-Vorsitzende Dieter Harrsen den Kopf. Er weist darauf hin, dass in der Schifffahrt auf den Bundesseewasserstraßen und an der Küste wesentlich mehr Schiffe und ebenso deutlich mehr Tonnen Ladung unterwegs sind als auf den Flüssen und den Kanälen der Bundesbinnenwasserstraßen.
Immer wieder wird in Deutschland der Vorwurf laut, Verwaltungen agierten vom grünen Tisch aus und träfen mangels Kontakt zur Basis falsche Entscheidungen. »Jetzt will Minister Peter Ramsauer Strukturen schaffen, die genau das verursachen werden«, stellt Dieter Harrsen fest.
Die Aufgaben einer WSD sind vielfältig: Planfeststellungsverfahren, die Klärung von Rechtsfragen, die verkehrsrechtliche Ordnung des Schiffsverkehrs, die Aufsicht über die Lotsenbrüderschaften, die langfristige Planung von Neubau- und Erhaltungsmaßnahmen, die Koordination der nachgeordneten Behörden und vieles mehr erfordern Harrsen zufolge eine küstennah angesiedelte Direktion.
Die SDN besteht nicht auf dem Erhalt der bisherigen Standorte: Ob die Entscheidungen für die Küste in Kiel, Hamburg, Bremerhaven, Wilhelmshaven, Cuxhaven oder in Aurich getroffen würden, sei zweitrangig: Es komme allein darauf an, dass die Mitarbeiter der Verwaltung die Auswirkungen ihrer Arbeit täglich vor Augen haben und für persönliche Kontakte mit den Vertretern öffentlicher Belange zur Verfügung stehen müssen.
»Je komplexer die Aufgaben sind, desto höhere Bedeutung ist der regionalen Verwurzelung und Vernetzung der Entscheidungsträger beizumessen«, erklärt Dieter Harrsen.
Was ihn ebenfalls wundert: Der Bund scheint keine konkreten Überlegungen zu der Frage angestellt zu haben, wie der Erfolg oder Misserfolg der Reform später gemessen werden soll. Die einzige wichtige Kennzahl scheint die Zahl der abgebauten Arbeitsplätze zu sein. »In der heutigen Zeit, in der auch viele kommunale Behörden ein Benchmarking betreiben, um die Effizienz und Effektivität ihrer Arbeit zu messen, lässt sich dies nur als anachronistische und damit unangemessene Herangehensweise an eine für ganz Deutschland so bedeutsame Reform bewerten«, findet SDN-Chef Harrsen.
Die SDN hat Minister Ramsauer gebeten, sein Organisationsmodell noch einmal zu überprüfen und Entscheidungen, die sich beispielsweise auf Hamburg, auf Bremerhaven, auf Kiel mit dem Nord-Ostee-Kanal oder auf den Jade-Weser-Port auswirken, nicht in einer Amtsstube fällen zu lassen, die sich 400 Kilometer vom nächstgelegenen größeren Seehafen entfernt befindet.
Am 29. November will Minister Ramsauer mit den Staatskanzleien der Länder über die Umsetzung seiner Reformpläne sprechen. Dieter Harrsen hofft inständig, dass die Forderungen der SDN nach einer kompetenten, küstennahen Verwaltung dabei berücksichtigt werden.
Text als PDF-Datei: PM 12-11-27 SDN fordert küstennahe Schifffahrtsverwaltung