Keine neuen Nullnutzungszonen im Wattenmeer

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) kritisiert die Ziele zum Schutz des Wattenmeeres, die das Bundes-Umweltministerium in einer internationalen Regierungskonferenz der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks beschließen lassen will. »Mehrere Eckpunkte darin gefährden wichtige Wirtschaftszweige der Küstenregion, ohne der Natur zu nützen«, warnt der stellvertretende Vorsitzende der SDN, Gerd-Christian Wagner.

Entscheidend sei es, das Wattenmeer nicht allein als wertvollen Naturraum, sondern auch als Lebens- und Wirtschaftsraum des Menschen zu erkennen, sagt Wagner, der auch Bürgermeister der Stadt Varel ist: »Dieser Gedanke muss unbedingt in die Ministererklärung eingearbeitet werden.«

Deshalb spricht die SDN sich gegen die vom Land Schleswig-Holstein geforderte Erweiterung von nutzungsfreien Zonen aus. Jede Erhöhung des Anteils nutzungsfreier Flächen führe zu einem höheren Fischereidruck auf den verbleibenden Nutzflächen oder ruiniere einzelne Fischereibetriebe. »Es handelt sich um eine bloße Vermutung, dass die Nullnutzungszonen sich in einem ökologisch wesentlich besseren Zustand befinden als die Zonen, in denen gefischt wird. Obwohl das nicht wissenschaftlich belegt ist, soll es nun als Begründung dafür dienen, die Fischerei noch weiter zurückzudrängen. Das darf nicht passieren«, sagt Wagner.

Positiv bewertet er, dass Deutschland sich in der Konferenz gegen die künstliche Einwanderung gebietsfremder Arten stark machen will. Doch sogar völlig auf die Einfuhr von Saatmuscheln zu verzichten, wäre das Ende etwa für die Sylter Royal-Austernkultur. »Damit würde man weit über das Ziel hinausschießen«, erklärt Gerd-Christian Wagner. Alle natürlicherweise im Wattenmeer vorkommenden Arten müssten innerhalb des Gebietes ausgetauscht werden dürfen. So dürften auch keine Bedenken gegen das Umsetzen von Muschelsaat etwa zwischen Deutschland und den Niederlanden bestehen.

Kritisch bewertet die Schutzgemeinschaft zudem, dass das Umweltministerium neue Einschränkungen mit dem Prädikat Weltnaturerbe begründet. Gerd-Christian Wagner: »Der Status des Wattenmeeres als Weltnaturererbe ist kein eigenes Rechtsinstrument, sondern eine Auszeichnung der UNESCO, die erst durch Schutzanstrengungen vor Ort ermöglicht wurde. Mit der Vorlage einer eigenen internationalen Strategie für das Welterbegebiet muss sich die Bevölkerung zwangsläufig getäuscht fühlen.«

Bemängelt wird schließlich die späte Vorlage der Ministererklärung, die den Betroffenen erst »nach langen vier Jahren der Erarbeitung« zugestellt wurde und für eine gründliche Beurteilung nur wenige Monate Zeit lasse. Wichtige Anlagen würden zu langsam nachgereicht. Dieses Vorgehen nähre Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Beteiligungsverfahrens. Fazit: Da »die Anhänge, die überwiegend nicht bekannt sind, erst deutlich machen, was in den kommenden Jahren zu erwarten ist, kann dem Papier nicht zugestimmt werden.«

Ihre Einwände hat die Schutzgemeinschaft dem Ministerium in einer detaillierten Stellungnahme zukommen lassen und unter www.sdn-web.de ins Internet gestellt.

Trilaterale Regierungskonferenzen zum Schutze des Wattenmeeres sind eine Einrichtung der drei Wattenmeeranrainerstaaten Niederlande, Deutschland und Dänemark und finden seit 1978 regelmäßig statt, derzeit im drei- bis vierjährigen Turnus. Die nächste, zwölfte Konferenz ist für den 5. Februar 2014 im dänischen Tønder anberaumt.

Die SDN ist ein Zusammenschluss von Kreisen, Kommunen, Vereinen, Wirtschaftsverbänden und Privatleuten an der deutschen Nordseeküste zu einem Umweltschutzverband. Seit mehr als 40 Jahren engagiert sie sich für die Erhaltung der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum.

Text als PDF-Datei: PM 14-01-24 Keine neuen Nullnutzungszonen