Keine Salzlauge aus der Kaliindustrie in den Jadebusen

Bereits während meiner Studienzeit Anfang der sechziger Jahre war die Versalzung der Werra und der Weser durch den Kalibergbau ein viel diskutiertes, aber ungelöstes Problem. Nach den Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes waren die direkten Einleitungen aus der Produktion, aber auch die diffusen Einleitungen aus den Abraumhalden unzulässig. Sie wurden im Ausnahmewege aber immer wieder geduldet. Auf Seiten der DDR war ohnehin nicht mit strengen Auflagen zu rechnen, wenn es um den Erhalt eines bedeutenden Industriezweiges ging. Die Vereinigung beider deutscher Staaten führte zu keiner Verbesserung, denn hüben wie drüben waren Lösungen nicht in Sicht und ökonomische Zwänge vorrangig. Seitdem hat sich nur marginal etwas verändert. Das eigentliche Problem wurde aber nicht gelöst. Die Werra und die Weser blieben ökologisch hochgradig gestörte Gewässer.

Erst mit der Wasserrahmenrichtline (Richtlinie 2000/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates) vom 23. Oktober 2000 entstand ein unabweisbarer Handlungsdruck mit klaren Fristen. Bewirtschaftungspläne für die Gewässer mussten aufgestellt werden mit dem Ziel eines Verschlechterungsverbotes und eines Verbesserungsgebotes zur Erreichung mindestens eines guten chemischen, physikalischen und ökologischen Zustandes. Bis zum Jahr 2009 waren Maßnahmenprogramme zu erstellen, wie dieser gute Zustand erreicht werden kann. Und bis zum Jahr 2015 musste im Grundsatz der gute Zustand erreicht werden.

Die gewaltigen Umweltschäden einerseits und andererseits die wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens Kali + Salz GmbH in der Region Thüringen und Hessen bargen ein enormes Konfliktpotential. Die Länder Hessen und Thüringen richteten zur Erreichung konsensfähiger Lösungen 2008 einen »Runden Tisch« aus Vertretern der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Firma K+S, der Kommunen sowie der Umwelt- und Fischereiverbände ein.

Neben vielfältigen Vermeidungsmaßnahmen an der Quelle, das heißt an den Produktionsstätten der Kaliindustrie, wurde sehr schnell auch der Bau einer Fernleitung für die Salzlauge in die Nordsee diskutiert und vom »Runden Tisch« als die ökologisch beste Lösung favorisiert. Diese Diskussion fand zunächst mehr an Weser und Werra als an der betroffenen Küste statt. Und zunächst habe auch ich laienhaft und oberflächlich gedacht, warum eigentlich nicht, Salzwasser in Salzwasser einzuleiten ist doch kein Problem. Die Fragen der Konzentration und der Einleitungsstelle an der Außenweser oder Außenelbe erschienen mir durchaus lösbar. Ein Problem sah ich eher in einer Emotions- als in einer Sachdiskussion, insbesondere auch hinsichtlich der Außenwirkung auf den Tourismus.

Als 2014 von den Ländern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachen das Raumordnungsverfahren zum Bau einer Pipeline für Salzlauge mit Einleitung in den Jadebusen eingeleitet wurde, war es für die SDN an der Zeit, sich ernsthaft in die Diskussion und Planung einzubringen. Der Jadebusen ist nicht nur die letzte große Wattenbucht mit einem austauscharmen Wasserkörper, sondern hat große Bedeutung für die Muscheln, Fische und die Vogelwelt sowie für den Tourismus. Letztlich wurde er wegen seiner enormen Bedeutung für die Ökologie trotz der Nähe zum Hafen- und Wirtschaftsstandort Wilhelmshaven zum Nationalpark erklärt und von der UNESCO als Weltnaturerbe geadelt.

Die SDN brauchte schnell eine fachlich fundierte Entscheidungshilfe für sich und die Mitgliedskommunen sowie für die Vorbereitung eines Kolloquiums, an dem Entscheidungsträger und Betroffene beteiligt sein sollten. Der Vorstand beauftragte das Bremer Büro »gruenblau« für Landschaftsplanung und Umweltberatung von Frau Beate Lange mit der Dokumentation von Verfahren, Daten und Argumenten.

In der von Wolfgang Dormann und Beate Lange vorgelegten Dokumentation werden folgende Punkte deutlich:

• Es gibt Verfahren für die abstoßfreie Produktion. Diesen ist nach dem Eingriffsvermeidungsgebot Vorrang einzuräumen. Andernfalls lägen Verstöße gegen das Abfall-, Wasser- und Naturschutzrecht vor.
• Die Zusammensetzung der Salzlauge entspricht nicht der des Meerwassers. Gefahren für Muscheln und Fischlarven sowie sonstige Organismen gelten als wahrscheinlich.
• Die Einleitung in den Jadebusen würde dem Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie widersprechen.
• Auswirkungen auf den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und Natura2000 sind nicht auszuschließen.
• Es ist damit zu rechnen, dass die sensible Tourismuswirtschaft negativ auf eine Einleitung reagieren wird.

In der Summe sprechen diese Punkte fachlich und rechtsformal eindeutig gegen die Einleitung von Salzlauge in den Jadebusen. Dementsprechend hat sich die SDN 2014 öffentlich gegen die Einleitung positioniert: »Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste wird sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese Einleitung wehren«, kündigte der Vorsitzer der SDN, Dieter Harrsen, in einer Pressemitteilung an, in der es weiter hieß: »Er erwartet großen Widerstand entlang der gesamten Nordseeküste. Neben Sachargumenten stünden auch das Wasserrecht und europäische Vorschriften des Meeresschutzes der Einleitung von Salzlauge in den Jadebusen entgegen.«

Überraschend einigten sich K+S und das Hessische Umweltministerium Ende 2015 auf einen Vier-Phasen-Plan, der die Pipeline in den Jadebusen nicht mehr enthält. Soweit es um die Reduzierung der Abwassermengen und die Abdichtung der Abraumhalden geht, ist der Plan unumstritten. Hinsichtlich der Verlagerung der Einleitung von Salzlauge in die Oberweser und die Verpressung von Abfällen in den Untergrund ist der Plan strittig, rechtsbedenklich und in der Realisierung unsicher. Optionen über den Vier-Phasen-Plan – die abstoßfreie Produktion – bieten sich an.

Gleichwohl ist der Plan einer Pipeline in den Jadebusen nicht vom Tisch. Auch wenn derzeit politische Aktivitäten in diese Richtung nicht vorangetrieben werden, ist es Aufgabe der SDN, die Entwicklung wachsam zu beobachten und im Bedarfsfall unverzüglich – wie sagte der erste Vorsitzer der SDN – den Widerstand an der gesamten Nordseeküste zu wecken.

Rudolf-Eugen Kelch
Ehem. Leiter des Umweltamtes des Kreises Nordfriesland
Mitglied im erweiterten Vorstand der SDN, Vorsitzer der SDN von 1998 bis 2010

Dieser Text im PDF-Format: 16-01-18 Keine Salzlauge aus der Kaliindustrie in den Jadebusen

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Januar 2016: Sachstandsbericht zur Schaffung einer Deutschen Küstenwache

Deutsche Küstenwache: SDN fordert Umsetzung

Konzept der Staatssekretäre unzureichend / Zusammenarbeit ausgesetzt

(Husum) Seit nunmehr sechsundzwanzig Jahren – lange vor der Havarie der »Pallas« – bemüht sich die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) um eine mögliche Zusammenführung der für die Küstenregionen wichtigen Küstenwachfunktionen in einer gemeinsamen »Deutsche Küstenwache«, getragen vom Bund und den Küstenländern.

Der Bund hat seine schwimmenden Kräfte 1994 in einem in Cuxhaven angesiedelten »Koordinierungsverbund Küstenwache« zusammengelegt und 2002 das Havariekommando als eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer für die Havariebekämpfung eingerichtet. Da jedoch nach wie vor alle Behörden ihre eigenen Zuständigkeiten und Strukturen behalten haben, kann von einer echten Deutschen Küstenwache mit umfassenden Kompetenzen, monokratischen Führungsstrukturen und vor allem Synergieeffekten nicht gesprochen werden.

Als kommunaler Umweltverband hat die SDN vielfältige Initiativen auf Bundes- und Landesebene unternommen, um Politik und Verwaltung von der Zusammenführung der schwimmenden Einsatzkräfte, zunächst auf Bundesebene, zu überzeugen. Ein solcher Beschluss kann im Bundeskabinett ohne Änderung des Grundgesetzes erfolgen. Erst danach soll mit den Küstenländern über eine Einbindung ihrer Vollzugskräfte als gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe gesprochen werden; hier wäre eine Grundgesetzänderung erforderlich.

Die Parteien: als Opposition für die Küstenwache, als Regierung dagegen

Obwohl viele Artikel in der Fachpresse die Notwendigkeit der Etablierung einer gemeinsamen Deutschen Küstenwache untermauern, hat es in den letzten Jahren kaum Fortschritte gegeben. Nach der Einrichtung des Havariekommandos – von der SDN als wichtiger Baustein im Küstenwachsystem bezeichnet – hat die Politik keine ernsthaften Beschlüsse in dieser Richtung mehr gefasst.

Zwar hatten die heutigen Fraktionen der Regierungskoalition seinerzeit als Opposition jeweils Anträge in diese Richtung gestellt, in der Regierungsverantwortung jedoch lehnten die jeweiligen Fraktionen das Vorhaben stets ab.

Staatssekretäre »beerdigen« Eckpunktepapier des Bundesinnenministers

Als der jetzige und damalige Innenminister Thomas de Maizière im März 2010 ein sogenanntes »Eckpunktepapier« für die Zusammenfassung der schwimmenden Verbände auf Bundesebene vorlegte, war die Einigkeit in der Gegnerschaft bei den Verwaltungen auf Bundesebene »gravierend«. Die Bundespolitik hat es nicht vermocht, hier eine eigene Position einzunehmen und anders zu entscheiden.

Die norddeutschen Küstenländer verwiesen bei diesem Thema stets auf den damaligen niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann, der ebenso eine strikte Ablehnung vertrat, obwohl eine fachliche Befassung mit dem Thema nicht zu erkennen war. Dafür hat das Land achtzig Planstellen gestrichen und besitzt nur noch ein seegehendes Boot, das es sich mit dem Bundesland Bremen teilt. Auch Bremen hat stets auf seinen ureigenen Rechten zur Ausübung des allgemeinen und schifffahrtspolizeilichen Vollzugs bestanden, um danach einen Teil der Wasserschutzpolizei aufzulösen!

Als Reaktion auf Thomas de Maizières Eckpunktepapier legten die Staatssekretäre der betroffenen Bundesministerien ein Einigungspapier mit Maßnahmen vor, die eine Küstenwache überflüssig machen sollten. In dieser »Cuxhavener Erklärung« heißt es unter anderem:

• Einrichtung einer Bundesleitstelle im Gemeinsamen Lagezentrum-See mit einem Zentralen Kontaktpunkt,
• Ausweisung gemischter Besatzungen von Bundespolizei und Zoll – soweit sinnvoll – auf den Schiffen der Fischereiaufsicht und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung,
• Entwicklung gemeinsamer Einsatzkonzepte auf See,
• Zusammenführung der Aus- und Fortbildung einschließlich Nachwuchsgewinnung,
• Zentralisierung der Bereederung, insbesondere der Technik, Logistik und Instandhaltung.
Aus Sicht der SDN ist es zwar sinnvoll, diese Maßnahmen durchzuführen, aber von einer Küstenwache mit einer gemeinsamen monokratischen Führung, in der die Bereiche »Safety« und »Security« für die Sicherheit eine Staates abgedeckt werden, sind diese Vorschläge meilenweit entfernt.

Auch mit dem Hinweis, es gebe inzwischen das gemeinsame Havariekommando von Bund und Küstenländern als Einsatzleitung im Falle »komplexer Schadenslagen« sowie das Maritime Sicherheitszentrum, lehnte die Bundesregierung bisher Forderungen nach einer Zusammenlegung der verschiedenen Dienststellen zu einer gemeinsamen Küstenwache ab.

Grundgedanke einer Küstenwache nicht verstanden?

An dieser Haltung ist zu erkennen, dass die Verwaltungen Änderungen grundsätzlich ablehnen und ausschließlich mit Gegenargumenten agieren. Ebenso erhärtet sich der Verdacht, dass die Philosophie einer Küstenwache seitens ihrer Gegner nicht verstanden worden ist. Man erkennt nur die Aufgaben der Havariebekämpfung und vernachlässigt bei der Betrachtung das »vorsorgende Element« der Schadens- und Unfallverhinderung. Bei diesem Thema stellt sich nicht die Frage: Havariekommando ODER Küstenwache, sondern die Zielrichtung lautet: eine Küstenwache mit umfassenden präventiven Aufgaben im Bereich von Safety und Security, in der das Havariekommando einen wichtigen Baustein darstellt. Das bedeutet: ein gemeinsames, vorsorgendes und unfallbekämpfendes System mit mehreren Komponenten und Einsatzstufen. Daher hat sich die SDN auch stets für die Integration des so wichtigen Havariekommandos in eine Küstenwache ausgesprochen.

Der Steuerzahler könnte einen zweistelligen Millionenbereich pro Jahr sparen

Ebenso fällt auf, dass bei Anfragen oder Erklärungen nur das Bundesministerium für Verkehr und Infra-struktur (BMVI) reagiert und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, obwohl »Security«-Fragen in der Zuständigkeit des Innenministers liegen. Bei der täglichen Arbeit im derzeitigen »Koordinierungsverbund Küstenwache« und bei der Erstellung von Einsatzkonzepten wiederum verhalten sich die nachgeordneten Behörden bemerkenswert »neutral«.

Gleiches gilt für die Zollverwaltung und das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMFL). Letztere sind zwar nicht direkt für derartige Fragen zuständig, sie sind aufgrund ihrer Tätigkeiten und Anwesenheit auf den Meeren jedoch ein unverzichtbarer Bestandteil einer gemeinsamen Küstenwache. Das zeigt sich in der wichtigen Zusammenarbeit zwischen Bundespolizei und Zoll. Schließlich werden auf Länderebene Sicherheitsfragen auch vom Innenminister und nicht von den Verkehrsministern bearbeitet. Und der Profiteur wäre ohnehin der Bundesfinanzminister, da bei einer Zusammenlegung von Personal, Ausbildung und gemeinsamer Materialbeschaffung und -bewirtschaftung erhebliche Summen eingespart werden würden. Die SDN spricht von einem zweistelligen Millionenbereich pro Jahr.

»Dass es jedoch im Sinne der Effizienz und der begrenzten Haushaltsmittel durchaus Sinn macht, über eine gemeinsame Küstenwache sowie über eine gemeinsame Bereederung der Bundesschiffe und eine bessere Koordination (auch mit weiteren Stellen wie den Küstenländern) nachzudenken, zeigen unter anderem die Beschlüsse des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages aus der 17. Wahlperiode (…),« so heißt es dann auch richtigerweise in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,  Drucksache 18/5850.

Eine Leitstelle, die nicht leitet

Die Verwaltung weist auf die Zuständigkeiten aufgrund der jetzigen Verwaltungsstrukturen hin und hält die Eckpunkte der Cuxhavener Erklärung für ausreichend. Betrachtet man die Punkte jedoch näher, kommen Zweifel hinsichtlich der Effizienz und der Wirksamkeit im Alltag auf. So ist die Bundesleitstelle zwar offiziell etabliert, hat jedoch keine Führungsfunktion, es gibt keine Auftragsbeschreibung oder Dienstanweisungen. Die Leiterin kann nicht in die originären Zuständigkeiten der beteiligten Bundesbehörden eingreifen. Wieso ist es dann eine »BundesLEITstelle«?

Freiwillige Zusammenarbeit schon wieder ausgesetzt

Auch der Einsatz von gemeinsamen Besatzungen wirft derzeit Fragen auf. Dieser an sich vernünftige Vorschlag findet seine Grenzen im allgemeinen Arbeitsrecht. Es mussten zunächst Beamte gesucht werden, die sich freiwillig daran beteiligen wollen, da die jeweiligen Behörden ihre eigenen Zuständigkeiten behalten, also auch die Personalhoheit. Dank der Flexibilität des Personals von Bundespolizei und Zoll hat dieses System funktioniert. Doch nun hat die Bundespolizei die Zusammenarbeit aufgrund der aktuellen politischen Lage für zunächst drei Monate ausgesetzt, da ihre Beamten im Rahmen der grenzpolizeilichen Aufgaben ihre Kollegen in Bayern verständlicherweise unterstützen müssen. Und schon funktioniert das beschriebene System nicht mehr, da die getrennten Zuständigkeiten und Verantwortungen Vorrang gegenüber Verwaltungsvereinbarungen haben.

Ähnlich verhält es sich bei den »gemeinsamen« Einsatzkonzepten«. Das BMVI und BMFL haben sich zwar marginal an der Erstellung beteiligt, ihre Einsatzkräfte aber nicht in diese eingebunden. »Die von Bundespolizei und Zollverwaltung erarbeitete ›Gemeinsame Einsatzkonzeption von Bundespolizei und Zoll für die maritime Aufgabenwahrnehmung‹ bildet das Kernstück der gemeinsamen operativen seeseitigen Einsatzorganisation von Bundespolizei und Zoll. Sie ist die Grundlage für die gemeinsame Einsatzplanung«, heißt es in der Beantwortung der Kleinen Anfrage.

Mit Strukturänderung und monokratischer Führung ist das allerdings nicht vergleichbar. Im Rahmen des Grundgesetzes können die Behörden sich nur im Rahmen von »Amtshilfe« und »Organleihe« unterstützen. Diese Begriffe unterliegen im verwaltungsmäßigen Handeln allerdings nur begrenzten Möglichkeiten und sind nicht auf Dauer ausgelegt. Es ist daher zu hoffen, dass die begonnene gemeinsame Ausbildung und Fortbildung weiterhin durchgeführt wird. Hier wurden bisher gute Ergebnisse verzeichnet.

Gemeinsame Beschaffung würde sich auch bei Schiffen lohnen

Und die Zentralisierung der Bereederung ist angesichts der zukünftigen Haushaltssituation und der aktuellen Lage eine unbedingte Voraussetzung. Gerade auf diesen Bereich sollten die Haushaltspolitiker mehr Aufmerksamkeit legen als bisher. Die unterschiedlichen Schiffstypen generieren Kosten, die es in Zukunft zu vermeiden gilt. Hier sollten nach dem Prinzip der »Bausteine« die verschiedenen Aufgaben im schifffahrtspolizeilicher Vollzug berücksichtigt und die Schiffe entsprechend ihrer Spezialaufgaben modulhaft ausgerüstet werden. Die derzeit laufenden Planungen für die Ausschreibungen lassen erkennen, dass wiederum jede Verwaltung für sich plant, da die derzeitigen gesetzlichen Regelungen dieses auch verlangen. Bei einer einheitlichen Küstenwache würde allerdings eine gemeinsame Grundsatzplanung mit Spezialisierung erfolgen. Das erscheint kostengünstiger als das jetzige System.

Die verschiedenen Behörden besitzen teilweise unterschiedliche Schiffstypen für die Hohe See und den Flachwasserbereich, und eine Diversifizierung wird auch zukünftig erforderlich sein. Gleichwohl könnten hier die teilweise zuständigen Bundes- und Landesdienststellen zumindest in der Beschaffung kostensparend zusammenarbeiten. Denn schließlich sind sie alle immer noch deutsche Behörden!

In der erwähnten Kleinen Anfrage der Grünen sind fast 350 Millionen Euro für Neubauten vorgesehen, noch nicht bekannt sind die Summen für die dringend erforderlichen Neubauten der Bundespolizei. Diese Summen erfordern in der momentanen haushälterischen Lage eine neue Betrachtungsweise in der Planung und Beschaffung. Nun soll es für das Jahr 2016 eine Evaluierung des Küstenwachverbundes geben. Das wäre dann die dritte angekündigte »Evaluierung« vor einer Wahl. Bei den letzten Evaluierungen hatte es seitens der Verwaltung immer geheißen: »Das bestehende System hat sich bewährt!«

Hans von Wecheln
Vorstandssprecher und Leiter der Arbeitsgruppe Küstenwache der SDN
im Januar 2016

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SDN fordert neue Bewertung beim Meeresschutz

Streichungen bei Wasserschutzpolizei keine Lösung / Gemeinsam mit Bund Küstenwache etablieren

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Angesichts des angekündigten Personalabbaus bei der Wasserschutzpolizei empfiehlt die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) dem Innenminister des Landes Schleswig-Holstein, Stefan Studt (SPD), diese Pläne zu überdenken. »Die geänderten Rahmenbedingungen an den Küsten erfordern eine neue und aktuelle politische Bewertung«, meint der Vorsitzende der SDN, Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen.

Es sei auch weiterhin unerlässlich, so Harrsen deutlich, das gut ausgebildete und hochmotivierte Personal der Wasserschutzpolizeien im Küstenmeer vorzuhalten. Bisher habe man für den Meeresschutz viel erreichen können, dieses gelte es zu sichern. Internationale Schutzabkommen hätten zur Verringerung der Ölverschmutzungen geführt, Schutzabkommen und internationale Vereinbarungen sorgten für spürbare Verbesserungen beim Meeresschutz in Nord- und Ostsee. Nicht von ungefähr sei daher das Wattenmeer mit seinen Nationalparken zum Weltnaturerbe erklärt worden.

Allerdings sei noch nicht alles erreicht. Müll- und Paraffinbelastungen sowie eine veränderte Seefahrt mit größeren Schiffseinheiten und die großflächige Entwicklung der Offshore-Industrie bergen zunehmende Gefahren, die eine erhöhte Überwachung auf Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und Umweltstandards erfordern, erläutert Harrsen.

Der Abbau von Wasserschutzpersonal sei angesichts dieser Entwicklung geradezu kontraproduktiv. Daher benötige man auch im Küstenmeer das entsprechende Personal. Der Hinweis, dass die Besatzungen der Patrouillenboote nicht reduziert würden, nütze wenig. Es komme vielmehr auf das Gesamtsystem an, und dafür sei das eingespielte Personal »alternativlos«. Eine Herabstufung der Reviere zu bloßen Dienststellen etwa an der Westküste mit sporadischer Besetzung sei genau das falsche Signal. In der Praxis bedeute dies ein Weniger an Personal in den Dienststellen und vermehrtes Hin- und Herfahren der Beamten. »So kann ein moderner, präventiv arbeitender Meeresschutz nicht organisiert sein«, meint Harrsen.

Zwar könne er die haushälterischen Probleme nachvollziehen, aber allein durch Streichung von Planstellen sei die Situation nicht zu lösen, denn dem Meeresschutz werde auf anderen Ebenen ein hoher Stellenwert eingeräumt – Beispiele seien die zukünftige Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und anderer internationaler Verpflichtungen.

Wenn die haushälterische Situation so knapp sei, dann sollten die Länder so ehrlich sein und die ihnen in den fünfziger Jahren übertragenen Aufgaben des schifffahrtspolizeilichen Vollzugs an den Bund zurückgeben. Damals hatte der Bund den Ländern diese Aufgabe wegen des Fehlens eigener Kräfte übertragen. Heute besäße der Bund jedoch eine eigene Bundespolizei See, und mit einem Zusammenschluss des Wasserzolls in Form einer »Deutschen Küstenwache« könnte eine einheitliche Organisation mit monokratischer Führung und dem vorhandenen Personal und Material Nord- und Ostsee überwachen.

Der noch vorhandene Teil der Wasserschutzpolizeien der Länder solle durch einen Staatsvertrag in diese Behörde integriert werden. Somit hätten die Länder eine finanzielle Entlastung auf lange Sicht, und der Schutz der Küsten wäre effektiver und kostengünstiger gewährleistet, meint Harrsen.

Dieser Text im PDF-Format: PM 16-01-11 Deutsche Küstenwache