Das Spielen mit Meeresschaum am Strand kann die Gesundheit gefährden

Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN) fordert Ende der fortwährenden chemischen Verschmutzung durch “Ewigkeitschemikalien” PFAS

Deutsche Nordsee. „Eine zunehmende Vermüllung und Verölung der Strände und die Verklappung von Industrieabfällen in die Nordsee zwang Küstengemeinden wie Landkreise schon vor über 50 Jahren dazu, sich mit Gründung der Schutzgemeinschaft aktiv dagegen zu wehren“, erinnert sich der SDN-Vorsitzende, Bürgermeister Gerd-Christian Wagner. „Damals wurde die Nordsee als großer Mülleimer missbraucht. Was sogar einzelne Wissenschaftler und die Bonner Politik für unbedenklich hielten.“ In der Realität sei daraus aber nicht nur ein großes ökologisches Problem erwachsen, sondern auch eine extreme Gefährdung eines Lebensnerves der deutschen Küste, der Tourismuswirtschaft.

„Heute bilden nicht mehr verklappte Dünnsäure oder große Ölmengen das Problem, sondern viel mehr Müll in Form von Kunststoffen“, erklärt der zweite SDN-Vorsitzende, Kapitän und Seelotse Ulrich Birstein. So sei der Meeresschaum an den Stränden der deutschen Nord- und Ostseeküste sehr stark mit äußerst schädlichen „Ewigkeits-Chemikalien“ belastet. Was zu den aller größten Fällen chemischer Verschmutzung unserer Umwelt überhaupt gehöre. Und das aufgrund der Eigenschaften dieser PFAS-Microteilchen auch gleich noch über viele Jahrhunderte. „Von dieser mehr als 10.000 verschiedene Varianten umfassenden, nicht natürlich vorkommenden, Stoffgruppe ist überhaupt nur ein Bruchteil auf ihre Umwelt- und Gesundheitsrisiken untersucht.“ Untersuchungen von Meeresschaum an Stränden in Belgien, den Niederlanden und Dänemark hätten schon seit Jahren alarmierend hohe PFAS-Konzentrationen festgestellt. „Deutschland als eines der weltweit größten Produzenten dieser Stoffe, hielt sich aber bisher vornehm mit solchen Klärungen zurück!“

„Werden PFAS einmal in die Umwelt eingetragen, verteilen sie sich über Wasser, Luft und Sediment dauerhaft überall hin. Auch in die Körper von Lebewesen“, merkt Birstein weiter an. Ein sehr augenfälliges Beispiel dafür seien die Muscheln, die sich bei den Offshore-Windparks angesiedelt hätten. „Der langjährige Betrieb unter rauen Witterungsbedingungen, der aus Kunststoffen nebst Schutzschichten bestehenden Rotorblätter, führt sowohl zur Oberflächen-Erosion als auch zum Materialzerfall, was sich als Abrieb in der Meeresumwelt verteilt. Und das über viele hundert Tonnen im Jahr.“

Um den sich verstärkenden Schaden nicht noch größer werden zu lassen, fordert die SDN von der jetzigen wie auch der zukünftigen Bundesregierung:

– den Einsatz von PFAS in Gebrauchsgegenständen zu verbieten,

– dabei allerdings, aufgrund des Risikos, dass die Industrie auf andere PFAS ausweichen könnte , nicht nur einzelne Stoffe zu benennen,

– die Nutzung PFAS-freier Alternativstoffe für alle möglichen Anwendungen vorzuschreiben.

Mit freundlicher Bitte um Veröffentlichung,

SDN Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V.

– Pressestelle –

Peter Andryszak

pressestelle@sdn-web.de

0172-4363439

www.sdn-web.de

PDF

PDF english

Zusatz-Info 1:

Die Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen PFAS

PFAS umfasst über zehntausend Chemikalien. Viele davon gesundheits- und umweltschädlich. Sie bauen sich aufgrund einer hohen Hitzebeständigkeit, Öl- und Wasserabweisung sowie Chemischen-Beständigkeit nicht ab und reichern sich auch in der Nahrungskette an.

PFAS ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – auch bekannt als PFC (per- und polyfluorierte Chemikalien), PFT (perfluorierte Tenside) oder „forever chemicals“ („Ewigkeitschemikalien“). Langkettige PFAS haben (sehr) persistente, (sehr) bioakkumulierende sowie toxische Eigenschaften, kurzkettige PFAS sind extrem persistent und mobil.

Für fast alle Anwendungen in Gebrauchsgegenständen stehen PFAS-freie Alternativen zur Verfügung.

Zusatz-Info 2:

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN)

ist ein überregionaler und gemeinnütziger Umweltschutz-Dachverband, der 1973 aufgrund umfassender Verschmutzungen der Nordsee ins Leben gerufen wurde. Seitdem engagiert sich die Schutzgemeinschaft sachlich-fachlich und partei-übergreifend für den Schutz der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum. Sie dient rund 200 Kommunen, Landkreisen, Naturschutzvereinen, Instituten, Verbänden und Einzelmitgliedern als Sprachrohr in die Öffentlichkeit sowie die Ministerialverwaltungen und Parlamente des Bundes und der vier Nordsee-Küsten-Länder. Gemeinsames Ziel: die Eigenarten und Schönheiten der Nordsee, des Wattenmeeres und der angrenzenden Küste vor schädigenden Eingriffen durch den Menschen zu schützen und Probleme des Nordseeschutzes einer Lösung zuzuführen.

Einige Maßnahmen der letzten Jahrzehnte, bei denen die SDN als Lobbyverband die Belange der Küste vertreten hat und die inzwischen als weitgehend abgearbeitet gelten dürften, sind die Dünnsäure-, Abfall-, und Klärschlammverklappung, das Notschleppkonzept, Antifouling, Luftüberwachung, Ballastwasser, Tankreinigung, MARPOL I bis IV sowie die Anschaffung moderner Notschlepper für Nord- und Ostsee, wie aktuell auch der Unterelbe. www.sdn-web.de

Ziehen Offshore-Windparks Havaristen an?

Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN) sorgt sich um die Verkehrssicherheit auf der Nordsee

Deutsche Nordsee. „Wenn wir uns in Sorge um die Sicherheit der Nordsee als Lebensraum, solch ein Scenario ausgedacht hätten, wären wir wohl als Phantasten bezeichnet worden“, vermutet der SDN-Vorsitzende Gerd-Christian Wagner. Aber nicht nur wegen immer enger werdender Fahrtwege für Schiffe auf der Nordsee, sondern auch aufgrund direkten menschlichen Handelns könnten immer wieder Situationen eintreten, die schlimmste Folgen für die Meeresumwelt nach sich ziehen könnten. „Die Havarie des Mehrzweckfrachters PETRA L am 24. April 2023 mit der Windkraftanlage GOW R04 im Offshore-Windpark Gode Wind 1 nahe Juist bestätigt eine solche Befürchtung leider nur.“ Zeige der aktuelle Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) doch gleich mehrere Gründe auf, warum eine solch schwer vorstellbare Situation doch geschehen konnte – und das unabhängig von der Schiffsgröße oder Ladung.

So hat der Erste Offizier der PETRA L wohl kurz vor der Wachübergabe an den Kapitän den Schiffskurs zum nördlichen Fahrspurrand des Verkehrs-Trennungs-Gebietes (VtG) Richtung Windpark geändert. Der sich anschließend allein auf der Brücke befindliche Kapitän ließ den Kurs bestehen, nahm wohl die falsche Tablette, schlief daraufhin sofort ein und erwachte erst durch die Kollision mit dem Windrad. Sie hatte einen Wassereinbruch im Bugbereich zur Folge, verletzte glücklicher Weise aber niemanden. Schnell reagierte der Kapitän daraufhin und wendete sein an der vorderen Steuerbordseite schwer beschädigtes Schiff Richtung VtG, um nach Emden zu fahren. Die abwechslend zuständigen Mitarbeiter der Verkehrszentralen Wilhelmshaven, Jade und Emden sowie der Überwachungszentrale des Windparkbetreibers erfuhren davon nichts. Bis denn letztlich der Kapitän des Tonnenlegers GUSTAV MEYER den Schaden an der PETRA L innerhalb der Hafenschleuse Emden bemerkte und sogleich meldete.

„Wir müssen zu diesem Schiffs-Unfall bedenken, dass die Havarie des auf den Weg nach Ägypten befindlichen 100.000-Tonnen-Öltankers EVENTIN nahe Rügen vor wenigen Tagen nur gut einen Tag später hätte mitten in der Nordsee stattfinden können“, merkt Wagner weiter an. Und das besonders in Anbetracht des Flächenverbrauchs der geplanten Offshore-Windparks, durch den der Verkehrsraum für Schiffe aller Art extrem eingeengt würde. Von daher gelte es, ganzheitliche Betrachtungen dieser steigenden Belastungen anzustellen und echte Lösungen zu suchen, mit denen dieses wachsende Gefährdungspotential zumindest reduziert werden könne.

„Das Problem ist einfach“, gibt der SDN-Vorsitzende weiter zu bedenken, „eine einzige folgenschwere Schiffs-Havarie kann ausreichen, die Nordsee mit ihrem Wattenmeer und Ästuaren als Lebensraum für Menschen und Tiere zu zerstören.“ So müsse an jedem denkbaren Havariepunkt zumindest ein Not-Schlepper mit einem Mindestpfahlzug von 130 t und einer Stunde Reaktionszeit als Risikominderung bereit liegen, für den die zuständigen Behörden im Bedarfsfall eine Weisungsbefugnis und ein Zugriffsrecht besitzen. Und zudem müsse für die gesamte südliche Nordsee eine lückenlose sowie ausfallsichere Seeraumüberwachung gewährleistet sein, unterstützt von technischen Lösungen, die den Faktor Mensch auch gegen seine Schwächen unterstützen. „Unsere Devise muss lauten: aus Fehlern der Vergangenheit wirklich zu lernen und fortan präventiv zu handeln. Denn der Lebensraum Nordsee darf nicht noch mehr zu einem schlecht entwickelten Industriegebiet verkommen.

Mit freundlicher Bitte um Veröffentlichung,

SDN Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V.

– Pressestelle –

Peter Andryszak

pressestelle@sdn-web.de

0441-3801848

0172-4363439

www.sdn-web.de

PDF

PDF english

Zusatz-Info 1:

Daten Trockenmehrzweckfrachter PETRA L:

Länge ü.a.: 73,66 m, Breite ü.a.: 11,5 m, Tiefgang maximal: 4,2 m, Bruttoraumzahl: 1162, Tragfähigkeit: 1685 t, Maschinenleistung: 750 kW, Geschwindigkeit: 10,5 kn, Baujahr: 1984, Besatzung: 7, Lotse an Bord: Nein

BSU-Untersuchungsbericht Nr. 192/23 vom 30. Januar 2025:

https://www.bsu-bund.de/DE/Aktuelles/neueVeroeffentlichungen

Zusatz-Info 2:

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN)

ist ein überregionaler und gemeinnütziger Umweltschutz-Dachverband, der 1973 aufgrund umfassender Verschmutzungen der Nordsee ins Leben gerufen wurde. Seitdem engagiert sich die Schutzgemeinschaft sachlich-fachlich und partei-übergreifend für den Schutz der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum. Sie dient rund 200 Kommunen, Landkreisen, Naturschutzvereinen, Instituten, Verbänden und Einzelmitgliedern als Sprachrohr in die Öffentlichkeit sowie die Ministerialverwaltungen und Parlamente des Bundes und der vier Nordsee-Küsten-Länder. Gemeinsames Ziel: die Eigenarten und Schönheiten der Nordsee, des Wattenmeeres und der angrenzenden Küste vor schädigenden Eingriffen durch den Menschen zu schützen und Probleme des Nordseeschutzes einer Lösung zuzuführen.

Einige Maßnahmen der letzten Jahrzehnte, bei denen die SDN als Lobbyverband die Belange der Küste vertreten hat und die inzwischen als weitgehend abgearbeitet gelten dürften, sind die Dünnsäure-, Abfall-, und Klärschlammverklappung, das Notschleppkonzept, Antifouling, Luftüberwachung, Ballastwasser, Tankreinigung, MARPOL I bis IV sowie die Anschaffung moderner Notschlepper für Nord- und Ostsee, wie aktuell auch der Unterelbe. www.sdn-web.de