Besserer Küstenschutz für Schleswig-Holsteins Nordsee-Küsten

Schutzgemeinschaft SDN fordert Beachtung jahrhundertealter lokaler Küstenschutzerfahrung

Nordseeküste/Varel. Aktuell befasst sich Schleswig-Holsteins Landeskabinett mit der Fortschreibung des aus dem Jahr 2012 stammenden Generalplans Küstenschutz. „In diesem Rahmen ist es uns besonders wichtig, dass bei einer so wichtigen Sache nicht auf die über Jahrhunderte gewachsene Kompetenz der örtlichen Bevölkerung in Sachen Küstenschutz verzichtet werden kann”, appeliert Ulrich Birstein, erster stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN), an die im fernen Kiel sitzenden Planer. Zumal die Küstenbewohner immer schon einen Blick sowohl auf ihre eigene Sicherheit als auch für die Natur mit ihren Besonderheiten und Gesetzen gehabt hätten. Die Bedrohung ihres Lebensraumes existiere nämlich nicht erst seit dem neuzeitlich befürchteten Meeresspiegelanstieg, sondern schon seit 10.000 Jahren.

Unverständlich erscheint es Birstein, dass die Planer der Landesregierung scheinbar aus Gründen des Wattflächenschutzes über zwei Drittel der Deichhöhe wegen seiner platzsparenden steilen Böschung mit Steindeckwerk zubauen wollen. Das erwecke aus seiner Sicht den Eindruck eines Rückschritts zu spätmittelalterlichen Stackdeichen mit steilen Holzwänden. „Bei der Darstellung des sogenannten „Klimadeiches“ wiederholen wir die Ablehnung der überhöhten, unästhetischen, gefährlichen und aufwändigen Steinböschung“, stellt der stellvertretende SDN-Vorsitzende klar. Die betroffene Bevölkerung hingegen würde eher einen möglichst harmonischen Übergang vom Deich zum Vorland und zum Watt befürworten, ist er sicher. Zumal die traditionellen Verfahren der Landgewinnung als Deichvorland sowohl für die Entschärfung der zerstörerischen Wellenenergie äußerst hilfreich seien als auch Raum für sehr artenreiche Lebensräume bilden würden. „Und die geplanten Steinwälle tun das nicht.“

Insbesondere sei dabei auch der touristische Wert der Küste mit zu bedenken, denn der Küstenlebensraum wäre für seine Menschen seit je her besonders wertvoll. Somit stelle sich die Frage, ob gesamtökologisch der Schutz von Wattfläche ausreichend abgewogen werde mit dem Eingriff des Steinbruchs, des Steintransportes über weite Strecken und der Herstellung einer „Totfläche“ am Deichfuß. Und letztlich, wäre das Opfern von Wattfläche für eine breitere Deichbasis nicht doch der geringere Eingriff gegen die Küstennatur? „Die gleichwertige Abwägung aller Nutzungsansprüche muss auch in Zukunft weiterhin möglich sein“, sieht Ulrich Birstein als uneingeschränkte Notwendigkeit. Zudem fände er es für Schleswig-Holstein auch dringend geboten, den Küstenschutz als Teil der regionalen Selbstverwaltung zu verstehen und damit eine erkennbar größere Nähe zur betroffenen Bevölkerung zu halten. „Vielleicht ähnlich wie in Niedersachsen,“ regt er an, „wo Deichverbände für Planung und Durchführung des Küstenschutzes praktisch verantwortlich sind.”

In jedem Falle aber bestehe das Interesse der Küste an einer möglichst baldigen Ertüchtigung der Deiche und das die auch durch aufwendigen Materialtransport beeinflusste Mehrjährigkeit von Deichverstärkungsarbeiten nicht zu Sicherheitseinbußen in der Sturmflutsaison führen dürften. „Ein alle zehn Jahre festzuschreibender Generalplan „Küstenschutz“ sollte zudem auch die Bedeutung einer zweiten Deichlinie im Katastrophenfall des Versagens der ersten Deichlinie mit in Betracht ziehen“, gibt der stellvertretende SDN-Vorsitzende den Planern mit auf ihren Weg.

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