Kein wirklicher Grund zum Jubeln
Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN) begrüßt die aktuelle Einigung der drei Bundesländer zum Elb-Schlick, sieht aber die Lösung der Hauptprobleme nur weiter aufgeschoben.
Deutsche Nordsee. „Gerne würde ich die neue Deutschland-Geschwindigkeit auch beim Ausstieg aus Praktiken erleben, die die Natur nachhaltig schädigen,” wünscht sich Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN). Immerhin sei die aktuelle Einigung der drei norddeutschen Bundesländer und des Bundes ein zeitweiliger Erfolg für die Natur vor Scharhörn und dem angrenzenden Wattenmeer. Immerhin habe Hamburg ja eine ernsthafte Prüfung zugesagt, von dieser ökologisch bedenklichen Verklappung vor Scharhörn vorerst abzusehen. Und auch das erklärte Ziel der Verhandlungspartner, eine langfristige Lösung für das Sedimentmanagement zu suchen, wäre sicherlich als ein gutes Signal zu sehen.
Jenseits von Begeisterungsstürmen ließe sich aber schnell erkennen, dass man sich letztlich nur auf die am wenigsten schlechte unter allen schlechten Varianten vorläufig verständigt habe. Die riesige Masse teils mit Schadstoffen belastetem Schlick bliebe davon unberührt; würde nur mit deutlich höherem Energieaufwand an anderer Stelle in die Nordsee verklappt. Denn die Rede sei hier von vielen Millionen Tonnen, die irgendwohin verbracht werden müssten und in den meisten Fällen dabei örtliche Lebensräume zerstören würden sowie lebensfeindliche Auswirkungen innerhalb des Meerwassers bis in weitere Ferne und an der Küste bewirken. „Und wie wir aktuell am Beispiel der Elbe sehen, bewirken Fahrrinnenvertiefungen scheinbar automatisch eine immer weiter steigende Masse an zu entsorgendem Schlick”, gibt Wagners SDN-Stellvertreter Ulrich Birstein zu bedenken. Allein der Verlauf der seit 2005 praktizierten Sedimentverbringung an Tonne E3 vor Helgoland mit jährlich bis zu 1,5 Millionen Tonnen, wo jetzt auf unbestimmte Zeit und mit unklaren Mengen noch weiter verklappt werden soll, mache das Problem schon überdeutlich.
Und auch eine Verklappung im 30 – 40 Meter tiefen Bereich der Tiefwasserreede westlich von Helgoland oder der AWZ könne keine Lösung sein, nur weil man die Zerstörung der dortigen Lebensräume durch die Schlickmassen dann nicht mehr so gut verfolgen könne. „Denn belastete Sedimente haben in der ganzen Nordsee einfach nichts zu suchen”, so der SDN-Vorsitzende weiter. „Wir Menschen sind nun einmal nicht allein auf dieser Welt.” Allerdings erwachse aus dieser neuen Situation auch die Notwendigkeit einer lückenlosen Transparenz aller verantwortlich Beteiligten zu ihrer auf Jahre ausgelegten Lösungssuche. „Vielleicht kann ja jetzt doch aus einer kleinen Hoffnung auf eine echte Lösungssuche zukünftig eine gute Gewissheit werden.” Es wäre doch einfach widersinnig, ein Problem zu schaffen und es anschließend als Begründung zu nutzen, mit gleicher Methodik wie bisher, eine Verschärfung für andere Lebensräume als „Lösung“ zu präsentieren. „Eigentlich wollen wir alle weitgehend das Gleiche”, ist Gerd-Christian Wagner überzeugt, „unseren Lebensraum nachhaltig nutzen und ihn gleichzeitig schützen.”
Mit freundlicher Bitte um Veröffentlichung,
SDN Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V.
– Pressestelle –
Peter Andryszak
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Zusatz-Info:
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN)
ist ein überregionaler und gemeinnütziger Umweltschutz-Dachverband, der 1973 aufgrund umfassender Verschmutzungen der Nordsee ins Leben gerufen wurde. Seitdem engagiert sich die Schutzgemeinschaft sachlich-fachlich und partei-übergreifend für den Schutz der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum. Sie dient rund 200 Kommunen, Landkreisen, Naturschutzvereinen, Instituten, Verbänden und Einzelmitgliedern als Sprachrohr in die Öffentlichkeit sowie die Ministerialverwaltungen und Parlamente des Bundes und der vier Nordsee-Küsten-Länder. Gemeinsames Ziel: die Eigenarten und Schönheiten der Nordsee, des Wattenmeeres und der angrenzenden Küste vor schädigenden Eingriffen durch den Menschen zu schützen und Probleme des Nordseeschutzes einer Lösung zuzuführen.
Einige Maßnahmen der letzten Jahrzehnte, bei denen die SDN als Lobbyverband die Belange der Küste vertreten hat und die inzwischen als weitgehend abgearbeitet gelten dürften, sind die Dünnsäure-, Abfall-, und Klärschlammverklappung, das Notschleppkonzept, Antifouling, Luftüberwachung, Ballastwasser, Tankreinigung, MARPOL I bis IV sowie die Anschaffung moderner Notschlepper für Nord- und Ostsee, wie aktuell auch der Unterelbe.
Am 19. Mai 2023 begeht die SDN ihr 50jähriges Jubiläum im Nationalparkhaus Dangast, nachdem sie zuvor am 12. Mai in Cuxhaven ein Symposium zum „Industriegebiet Nordsee“ durchgeführt haben wird.
Die SDN ist Mitglied der KIMO International: http://www.kimointernational.org
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