Müllkippe Nordseegrund – Und wieder soll CO₂ unter den Meeresgrund gepresst werden

Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN) äußert starke Bedenken gegen beabsichtigte Verpressung von CO₂ (CCS) unter dem Nordseegrund als vermeindliche Lösung zum Klimaschutz

Deutsche Nordsee. „Mit der erneuten Absicht, CO₂ zukünftig unter der Nordsee deponieren zu wollen, bahnt sich – neben der Verklappung von Baggergut – noch eine weitere Art der Müllbeseitigung in den maritimen Lebensraum an. Ganz im Sinne „Aus den Augen aus dem Sinn”” befürchtet Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN). Dabei habe schon die RESCUE-Studie aufgezeigt, dass eine solche Verpressung in den Untergrund (CCS) für die Erreichung einer Treibhausgasneutralität in Deutschland nicht erforderlich ist. Demnach reiche allein schon die Nutzung natürlicher Senken wie Wälder sowie nachhaltige Holzwirtschaft vollständig aus. „Stattdessen müssen wir doch viel mehr die immer weiter steigende CO₂-Produktion bekämpfen.” Es gelte, die Entstehung von Klimagasen zu vermindern und nicht auf kommende Generationen hin kosten- und energieintensiv unsicher einzulagern. „Einzig das ist wirklich nachhaltig und klimafreundlich – und auch noch ganz ohne Risiko.” Zudem sei die Nordsee – auch ohne als Beitrag zum Klimaschutz deklarierte Augenwischereien – schon heute bei weitem als Industriegebiet übernutzt.

Schon Jahre altes Problem

Schon im Jahre 2011 beschloss die Mitgliederversammlung der SDN in Husum eine Resolution gegen die Ablagerung von Kohlendioxid aus Kraftwerken und Industrie im Meeresboden unter Nord- und Ostsee. Der einzig sinnvolle und von der Bevölkerung gewollte Weg bestehe demnach in einem kompletten Verbot von CCS in Deutschland. Industrieabfall im Untergrund zu verpressen, sei gefährlich und umweltschädlich – gleichgültig, ob an Land oder auf See. Zudem bot für den kommunalen Umweltverband auch der Gesichtspunkt des Haftungsrisikos bei der CCS-Technologie einen deutlichen Kritikpunkt. „Nach 30 Jahren geht das Haftungsrisiko auf den Bund und damit auf die Steuerzahler über,“ mahnte die SDN damals.

CCS-Technologie

Nicht nur, dass die CCS-Technologie bei all ihren Risiken kein Gramm CO₂-Ausstoß verringere. Das Abscheiden des Gases, sein risikohafter Transport durch Pipelines, per Schiff, Schiene oder Straße zum Speicherortund das Verpressen in den Untergrund verursache auch noch einen enorm zusätzlichen Energieaufwand (lt. Umweltbundesamt ca. 40 %) und hohe Kosten. Zudem sei ein riesiger Flächenverbrauch für ein Netz von Abscheidungsanlagen, Pipelines, Zwischenspeichern, Umladestationen und Häfen von Nöten. Bliebe noch das Risiko einer Leckage mit lebensgefährlichen Auswirkungen auf das Grundwasser, den Boden und angrenzende Lebensräume. Und auch ein technisch noch so versiertes Monitoring könne einen Unfall lediglich feststellen, aber nicht verhindern. „Der Gebrauch dieser Technologie erweckt mehr den Eindruck eines klimapolitischen „Greenwashings“, als den einer echten Lösungssuche für das CO₂-Problem,“ befürchtet Wagner, „und es muss allen Beteiligten damit stets bewusst sein, das ein solch technisches Verfahren nicht ausreichen kann, die von Menschen vollzogene Vermüllung der Atmosphäre zu beseitigen.” Auf dem Weg zur Dekarbonisierung unseres Landes könne CCS bestenfalls ein Umweg, schlimmstenfalls ein Rückschritt sein. Der weitaus größte Erfolgsfaktor sei, einfach weniger neues CO₂ zu produzieren.

Die Alternative

Und dass sich aktuell immer mehr Konzerne aus dem Energiesektor – mit Blick auf große deutsche und EU-Klimaschutz-Fördertöpfe – mit milliardenschweren Investitionsideen zur CO₂-Verpressung zu Worte melden, trüge auch nicht zu seiner Beruhigung bei, so der SDN-Vorsitzende weiter. Man sehe hier offensichtlich einen Markt, dem zukünftig hohe Wachstumsraten zuzuschreiben wären. So sei etwa eine rund 900 Kilometer lange Pipeline durch die Nordsee nach Norwegen geplant, die noch vor 2032 in Betrieb gehen solle und jährlich mit 20 bis 40 Millionen Tonnen CO₂ etwa 20 Prozent der gesamten deutschen Industrieemissionen transportieren könne. „Der Bau neuer Unterwasser-Pipelines würde die Nordsee und das Wattenmeer mit Flächenverbrauch, Lärmbelastung sowie Leckagengefahr noch ein Stück mehr zum lebensfeindlichen Industriegebiet degradieren,“ gibt der SDN-Vorsitzende zu bedenken. Zudem dürfe man auch nicht einen möglichen Nutzungskonflikt übersehen. Die Lagermöglichkeiten von nahezu leer geförderten Erdgas- und Öllagern an Land wie im Meer seien in ihrer Kapazität physikalisch begrenzt und stünden zur Speicherung von Energieträgern wie Wasserstoff oder Ergas nicht mehr zur Verfügung. „Und wieder zeigt sich eine stark von Industrieinteressen überlagerte Entscheidungsfindung in der Klimapolitik. Anstatt die immensen Fördergelder zum Beispiel für Energieeinsparungen im Gebäudebereich, Energiemanagement der Industrie, Kreislaufwirtschaft, Ressourcen-Verbrauchsminderung, Substitution sowie Dekarbonisierung zu verwenden.“ Denn damit würde nachfolgenden Generationen nicht noch eine weitere schwerwiegende ökologische und wirtschaftliche Erblast hinterlassen.

Mit freundlicher Bitte um Veröffentlichung,

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Zusatz-Info:

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN)

ist ein überregionaler und gemeinnütziger Umweltschutz-Dachverband, der 1973 aufgrund umfassender Verschmutzungen der Nordsee ins Leben gerufen wurde. Seitdem engagiert sich die Schutzgemeinschaft sachlich-fachlich und partei-übergreifend für den Schutz der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum. Sie dient rund 200 Kommunen, Landkreisen, Naturschutzvereinen, Instituten, Verbänden und Einzelmitgliedern als Sprachrohr in die Öffentlichkeit sowie die Ministerialverwaltungen und Parlamente des Bundes und der vier Nordsee-Küsten-Länder. Gemeinsames Ziel: die Eigenarten und Schönheiten der Nordsee, des Wattenmeeres und der angrenzenden Küste vor schädigenden Eingriffen durch den Menschen zu schützen und Probleme des Nordseeschutzes einer Lösung zuzuführen.

Einige Maßnahmen der letzten Jahrzehnte, bei denen die SDN als Lobbyverband die Belange der Küste vertreten hat und die inzwischen als weitgehend abgearbeitet gelten dürften, sind die Dünnsäure-, Abfall-, und Klärschlammverklappung, das Notschleppkonzept, Antifouling, Luftüberwachung, Ballastwasser, Tankreinigung, MARPOL I bis IV sowie die Anschaffung moderner Notschlepper für Nord- und Ostsee, wie aktuell auch der Unterelbe.

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