Schiffshavarien mit schlimmen Auswirkungen

Schutzgemeinschaft SDN warnt vor immer weiter steigenden Gefahren für und durch den Schiffsverkehr

Deutsche Schifffahrtswege. Sie sind recht selten, Schiffshavarien. Jedenfalls gemessen an der Anzahl fahrender Schiffe und der vielen von ihnen bewältigten Seemeilen. Und doch bewirkt auch ein seltener Unfall manchmal gravierende Schäden, bis hin zu Todesfällen und Umweltkatastrophen sowie komplette Blockarden ganzer Fahrtstrecken wie auch Häfen. „Die Bedrohung durch katastrophale Schiffsunfälle, auch im deutschen Einflussbereich, ist trotz aller Erkenntnisse und organisatorischen Verbesserungen bei weitem nicht geringer geworden,“ erklärt Bürgermeister Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN). „Eine Havarie wie die des Containerriesen DALI (9962 TEU) in der Nacht zu Dienstag im Hafen von Baltimore kann es in ähnlicher Weise zu jeder Zeit auch bei uns geben.“ So habe ja schon allein die zerstörende Kollision eines sehr viel kleineren Binnenschiffes mit einer Eisenbahnbrücke auf der Hunte bei Elsfleth Ende Februar für eine weitgehende Blockarde gleich dreier Seehäfen gesorgt.

Zeit ohne Havarie verstreicht

„Erschwerend kommt in unserem Küstenbereich in diesen Tagen noch hinzu, dass die Nordsee dermaßen von industriellen Nutzungen und Anlagen wie LNG, CCS und Windparks nebst einer steigenden Anzahl von Riesenschiffen zugedeckt wird , wie man es sich noch vor wenigen Jahren überhaupt nicht vorstellen konnte“, erklärt Kapitän und Seelotse Ulrich Birstein, zweiter SDN-Vorsitzender. „So haben sich die Sorgen der SDN in Sachen Schiffs- und Küstensicherheit für unsere Nordsee bis heute um nichts verringert.“ Vielmehr erhöhe sich die Gefahr von Schiffsunfällen auf See; und das mit immer weniger einschätzbaren Auswirkungen. „Und gerade bei den Mega-Schiffen könnte eines von ihnen schon für eine nicht zu bewältigende Katastrophe reichen!“

Steigende Gefahr

Die steigende Gefahr gehe von allen Schiffsgrößen aus. Sie berge große Risiken für den Lebensraum südliche Nordsee wie auch der Ästuare von Elbe, Weser und Ems, so Birstein weiter. Die jüngst vor unserer Küste geschehenen Havarien von MSC ZOE (Ladungsverlust), MUMBAI MAERSK (Strandung), PETRA L (Kollision Windpark), FREMANTLE HIGHWAY (Schiffsbrand) oder MSC REGULUS (Ausfall Hauptmaschine) und VERITY/POLESIE (Schiffskollision) hätten das deutlich gezeigt. „Die Glückssträhne, die die deutsche Nordseeküste nebst ihrer Flusshäfen als einer der weltweit meist befahrenen Schiffswege bisher bei Havarien hatte, ist nicht erst mit den fünf toten Seeleuten der VERITY Vergangenheit.“ So führe zum Beispiel ein weiterer Ausbau der Offshore-Windkraft zu immer noch enger werdenden Fahrspuren; auch für die Riesenschiffe. Das rücke eine Schiffskollision mit Windkraftanlagen nebst schlimmsten Umweltverschmutzungen in immer bedrohlichere Nähe.

Vermeintliche Alternativlosigkeit

Dabei sei zu bedenken: Havarien ließen sich nicht vollends verhindern. „Wichtig ist es von daher, dass man ein klar strukturiertes und präventiv wirkendes Havariesystem hat, welches möglichst frühzeitig Risiken erkennt und unmittelbar qualifizierte technische wie personale Hilfen einsetzen kann“, so Birstein. In der Berliner Politik würde es allerdings immer deutlicher erkennbar, dass der Schutz von Nordsee und Wattenmeer zu Gunsten einer umfangreichen Industriealisierung zunehmend ins Abseits gerate, befürchtet er. Und damit erhöhe sich gleichermaßen auch die Gefahr von Schiffsunfällen auf See mit unübersehbaren Auswirkungen. „So wird es umso wichtiger, dass sich die dem Meeresschutz verpflichtet sehenden Initiativen deutlicher und möglichst gemeinsam an die Bundespolitik wenden und denkbare Alternativen gegen diese vermeintliche Alternativlosigkeit stellen.“ Dabei müsse immer bedacht werden, bei aller menschlichen Technikgläubigkeit ist es nicht immer möglich durch Menschen verursachte Schäden an der Umwelt auch wieder folgenlos zu beseitigen. „Das Schutzschild „überragendes öffentliches Interesse“ sollte uns nicht blind machen. Wir müssen mit wachen Augen auf unsere Lebensräume achten“, appeliert der SDN-Vorsitzende. Dabei sei es aus Sicht der SDN nahezu unerheblich, an welcher Stelle auf See eine Havarie geschehe. Der unmittelbare Lebensraum mit seinen Bewohnern wäre dabei immer bedroht.

Mit freundlicher Bitte um Veröffentlichung,

SDN Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V.

– Pressestelle –

Peter Andryszak

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Zusatz-Info:

SDN-Forderungen

Um die Wahrscheinlichkeiten von Havarien und deren Folgen wenigstens zu verringern, erwartet die SDN von den verantwortlichen Entscheidern:

– Prävention zur Unfallvermeidung und -bekämpfung statt erzwungene Reaktion im Falle eines Unfalls.

– Umweltschonendes Überdenken der Ausbauziele; insbesondere im Zusammenhang mit Offshore-Wind und fossilen Energieträgern.

– Best mögliche Technik und personale Qualifikation für Unfallvermeidung und -bekämpfung.

– Mehr ortsnahe Produktion und damit geringeren Transportbedarf.

– Endlich Förderung einer norddeutschen (Container-)Hafen-Kooperation.

– Zwingend modernere sowie effektivere Feuerlösch-Einrichtungen auf den Schiffen, die stets dem sich ändernden Transportgeschehen angepasst werden müssen.

– Verringern des Fahrplandrucks durch zu eng getaktete Hafenzeiten für die Schiffe und ihre Kapitäne.

– Möglichst ortsnahe und dauerhafte Stationierung von mehreren Notschleppern mit mindestens 130 t Pfahlzug und Schadstoff-Unfall-Bekämpfungsschiffen passender Größe/Leistungsfähigkeit an mögliche Einsatzorte.

– Kostenübernahme für ortsnahe Notschlepper und Schadstoff-Unfall-Bekämpfungsschiffe; auch durch Windpark-Betreiber.

– Dem Stand der Technik entsprechende Fähigkeiten zur Branderkennung und -bekämpfung an Bord.

– Frühzeitige Einbeziehung der Küstenlandkreise als regional zuständige Katastrophenschutz-Behörden.

Zusatz-Info:

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN)

ist ein überregionaler und gemeinnütziger Umweltschutz-Dachverband, der 1973 aufgrund umfassender Verschmutzungen der Nordsee ins Leben gerufen wurde. Seitdem engagiert sich die Schutzgemeinschaft sachlich-fachlich und partei-übergreifend für den Schutz der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum. Sie dient rund 200 Kommunen, Landkreisen, Naturschutzvereinen, Instituten, Verbänden und Einzelmitgliedern als Sprachrohr in die Öffentlichkeit sowie die Ministerialverwaltungen und Parlamente des Bundes und der vier Nordsee-Küsten-Länder. Gemeinsames Ziel: die Eigenarten und Schönheiten der Nordsee, des Wattenmeeres und der angrenzenden Küste vor schädigenden Eingriffen durch den Menschen zu schützen und Probleme des Nordseeschutzes einer Lösung zuzuführen.

Einige Maßnahmen der letzten Jahrzehnte, bei denen die SDN als Lobbyverband die Belange der Küste vertreten hat und die inzwischen als weitgehend abgearbeitet gelten dürften, sind die Dünnsäure-, Abfall-, und Klärschlammverklappung, das Notschleppkonzept, Antifouling, Luftüberwachung, Ballastwasser, Tankreinigung, MARPOL I bis IV sowie die Anschaffung moderner Notschlepper für Nord- und Ostsee, wie aktuell auch der Unterelbe.

Die SDN ist Mitglied der KIMO International: http://www.kimointernational.org

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