UNESCO-Weckruf – Baustelle Wattenmeer
Schutzgemeinschaft SDN auf der Suche nach Lösungs-Möglichkeiten
Deutsche Nordseeküste. Es sei zu befürchten, dass die Offshore-Zubauten wesentlich dazu beitragen, die südliche Nordsee, in Folge auch das Wattenmeer, zu „Industriebrachen“ umzufunktionieren. „Dabei leben wir doch gerade in einer Zeit voller Veränderungen, die uns zwingt, mit unseren Schutzgütern besonders sorgsam umzugehen“, resümiert Bürgermeister Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN), „Gerade auch, weil sie in unseren Händen liegen.“ Und mit dem Blick auf die 2009 erfolgte Aberkennung des Elbtales von Dresden als Welterbestätte zeige doch mehr als deutlich, dass man den Bestand eines Naturschatzes nicht leichtfertig gefährden dürfe. „Und jetzt ist aufgrund einer weitgehenden Planlosigkeit in Sachen Natur-Schutz auch noch unser Wattenmeer direkt davon bedroht.“ So müsse die jüngste UNESCO-Warnung zur Öl- und Gasförderung im Weltnaturerbe Wattenmeer als unbedingter Weckruf verstanden und vor allen Dingen auch ernst genommen werden. Aus Sicht der SDN sei der Welterbe-Status des Wattenmeers nun einmal nicht mit einer dort oder in seiner unmittelbaren Nähe stattfindenden Rohstoffgewinnung und einem unübersehbar großen Bau- sowie Wartungsbedarf von Infrastruktur für erneuerbare Energien vereinbar.
„Insbesondere müssen wir uns für einen verstärkten Schutz zur Bewahrung des natürlichen Wattenmeers einsetzen,“ betont Kapitän und Seelotse Ulrich Birstein, zweiter SDN-Vorsitzender, „ und das besonders in Anbetracht der kontinuierlich steigenden Zahl von Offshore-Windparks.“ Der auf See produzierte Strom müsse ja nun irgendwie an Land gebracht werden – und das ginge dann immer durchs Wattenmeer. „In ersten Fachgesprächen hieß es, dass mit mindestens 32 Kabelverlegungen nebst Kontrollen, Wartung, Reparatur und wieder Abbau zu rechnen wäre, wenn das aktuelle Ausbauziel allein für die deutsche Küste eingehalten werden sollte,“ so Birstein weiter, „und die Niederlande wie auch Dänemark wollen ebenso noch weitere Windparks bauen.“ Alles riesig groß und mit stark veränderndem Einfluss auf den noch weitgehend natürlichen Lebensraum Nordsee. „Und dazu kommen dann auch noch Ergas-Förderinteressen, LNG-Anlandungen, militärische Übungen, CO2-Transport und Einlagerung, Öl-Förderung wie -Explorationen und zu allem Überfluss auch noch zunehmende Gefahren für Schiffshavarien, da die Schifffahrtswege auf See immer weiter eingeengt werden.“
In Anbetracht solch technisch herausfordernder Groß-Projekte und einer weitgehend empfundenen Energiekrise sei es sicher leicht zu meckern, so Birstein weiter. Aber das verändere nichts! „Auch aus unserer Sicht wird es leider zur Zeit nicht ganz ohne Offshore-Windkraft gehen,“ bekennt der stellvertretende SDN-Vorsitzende zähneknirschend. Allerdings stelle sich dabei die entscheidende Frage nach Sinn und Unsinn von Menge wie Größe der Vorhaben. Und ganz besonders auch nach deren Auswirkungen auf den Lebensraum und seine Bewohner. „Die scheinbare Alternativlosigkeit dieser von Technik und Leistung strotzenden Maßnahmen kann einfach nicht die einzige Antwort sein, die einer entwicklungs-technisch hochstehenden Gesellschaft einfällt, wenn sie sich in der Krise sieht.“ Somit gelte es, nach echten Alternativen zu suchen – im Kleinen wie im Großen – mit denen sich die gegenwärtige und zukünftige Situation zumindest entschärfen ließe und vielleicht sogar die UNESCO mit ihren Bedingungen der Unversehrtheit und/oder Echtheit überzeuge.
Somit ein Aufruf durch die Schutzgemeinschaft:
„Wenn Sie Ideen, Hinweise oder Vorschläge zu machbaren Lösungswegen oder -alternativen haben, wenden Sie sich gerne an uns (pressestelle@sdn-web.de), damit wir dieser anderen Vorgehensweise gutes „Futter“ geben können.“
Mit freundlicher Bitte um Veröffentlichung,
SDN Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V.
– Pressestelle –
Peter Andryszak
pressestelle@sdn-web.de
0172-4363439
www.sdn-web.de
Zusatz-Info:
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN)
ist ein überregionaler und gemeinnütziger Umweltschutz-Dachverband, der 1973 aufgrund umfassender Verschmutzungen der Nordsee ins Leben gerufen wurde. Seitdem engagiert sich die Schutzgemeinschaft sachlich-fachlich und partei-übergreifend für den Schutz der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum. Sie dient rund 200 Kommunen, Landkreisen, Naturschutzvereinen, Instituten, Verbänden und Einzelmitgliedern als Sprachrohr in die Öffentlichkeit sowie die Ministerialverwaltungen und Parlamente des Bundes und der vier Nordsee-Küsten-Länder. Gemeinsames Ziel: die Eigenarten und Schönheiten der Nordsee, des Wattenmeeres und der angrenzenden Küste vor schädigenden Eingriffen durch den Menschen zu schützen und Probleme des Nordseeschutzes einer Lösung zuzuführen.
Einige Maßnahmen der letzten Jahrzehnte, bei denen die SDN als Lobbyverband die Belange der Küste vertreten hat und die inzwischen als weitgehend abgearbeitet gelten dürften, sind die Dünnsäure-, Abfall-, und Klärschlammverklappung, das Notschleppkonzept, Antifouling, Luftüberwachung, Ballastwasser, Tankreinigung, MARPOL I bis IV sowie die Anschaffung moderner Notschlepper für Nord- und Ostsee, wie aktuell auch der Unterelbe.
Die SDN ist Mitglied der KIMO International: http://www.kimointernational.org
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